on 01 May 2003

Musikalischer Glanz an der Newa

Innert weniger Jahre ist der "Musical Olympus" zum festen Teil des St. Petersburger Musiklebens geworden.

Als "Parade of Winners" tituliert das Festival "Musical Olympus" selber seine einwoechige, jaehrlich im Juni praesentierte Konzertreihe. Nichts Militaerisches ist damit zu verbinden, sondern festliche Auftritte wirklicher "Sieger", Preistraeger internationaler Musikwettbewerbe naemlich. Von Anfang an war es das Konzept der Festival-Initiantin und - Intendantin Irina Nikitina, eine junge Musikergeneration zu praesentieren, die ihre Karriere zwar noch vor sich hat, bei prominenten Wettbewerben jedoch schon bewiesen
hat, womit bei ihr noch zu rechnen sein wird. Das Konzept ist erfolgreich. Denn Wettbewerbssiege bedeuten Hoehenfluege in einer Kuenstlerkarriere. Ehrgeiz, Selbstbewusstsein und optimal trainiertes instrumentales Potenzial treffen in diesem Moment zusammen jetzt oder nie soll die Welt davon erfahren! Beste Voraussetzungen also fuer lebendige Konzerterlebnisse auf Hoechstniveau, und doch noch frei von Routine und allenfalls spaeter einkehrender Ernuechterung ueber das Kuenstlerdasein. In den
geschichtstraechtigen Saelen der St. Petersburger Philharmonie und im Ermitage-Theater treten sie in glanzvoll arrangierten Orchesterkonzerten auf junge Virtuosen auf fast allen Instrumenten, Dirigenten, Saengerinnen, gelegentlich auch Komponisten und finden dabei von Jahr zu Jahr groessere Resonanz. Und zwar nicht nur beim lokalen Publikum, sondern auch bei Agenturen, bei der auslaendischen Presse und den zahllosen Besuchern der
mittlerweile zum begehrten Tourismusziel gewordenen Stadt.

Auch dies, die Vernetzung von kulturellen Institutionen ueber die Nationengrenzen hinweg gehoert zu den Anliegen des Festivals. In dessen Anfaengen vor sieben Jahren litt St. Petersburg unter den Folgen der politischen Wende. Staatliche Kultursubventionen blieben aus und fuer den freien Kulturmarkt war man noch wenig geruestet. Internationale Kontakte wie sie Irina Nikitina mit ihrem Festival herstellte, waren daher von groesster
Bedeutung. Dazu zaehlt etwa die Zusammenarbeit mit dem Reine-Elisabeth-Wettbewerb in Bruessel, dem ARD-Wettbewerb in Muenchen, dem Sibelius-Wettbewerb in Helsinki oder dem Grand Prix Maria Callas in Athen, aber auch mit der in der Schweiz gegruendeten Gesellschaft der Freunde des Musical Olympus, die neben dem Festival auch andere Institutionen in St.Petersburg wie etwa das Musik-Lyceum des Konservatoriums unterstuetzen und selbstverstaendlich auch die Akquisition finanzstarker Donatoren. Ihre
Repraesentanten werden unter Irina Nikitinas unermuedlicher Animation zusammen
mit Kuenstlern, Sponsoren, Journalisten, staedtischen Honoratioren und allerlei freiwilligen Helfern jaehrlich zur Festivalgemeinde, die zum Stelldichein der preisgekroenten Jungtalente pilgert und dabei nebenbei auf unterhaltsame Art auch ihr eigenes berufliches Networking betreiben darf, was wiederum durchaus auch der Stadt zugute kommen kann.

All dies blieb nicht ohne offizielle Anerkennung: Schon 1997 wurde das Festival unter das Patronat des staatlichen Kulturministeriums gestellt und im vergangenen Jahr erhielt Irina Nikitina den nationalen "Olympia"-Preis, eine Auszeichnung, die Frauen fuer besondere unternehmerische Leistungen zuerkannt wird.

Kunst, Geld, Glamour, beste gesellschaftliche Beziehungen und die neu erwachte Festfreude der neuen St. Petersburger Gesellschaft haben sich bei Musical Olympus in einer aeusserst erfolgreichen Allianz gefunden. Und spaetestens seit Irina Nikitina mit einem rauschenden Johann-Strauss-Gedaechtnisball im Zarenschloss Zarskoje Selo an die Zeiten erinnerte, als der Walzerkoenig seine Sommer in Pawlowsk zu verbringen pflegte, hat endgueltig auch der omnipraesente Jetset Notiz vom Kultur- und Vergnuegungspotenzial dieser alten neuen Welt genommen. In diesem Jahr begeht die Stadt mit riesigem Aufwand die Feiern zu ihrem 300. Geburtstag. Zwar sind ihre sozialen und politischen Probleme keineswegs geloest, doch die traumhafte urbane Erfindung Peters des Grossen hat ihr Selbstbewusstsein wiedergefunden. Dazu hat "Musical Olympus" zweifellos beigetragen und darf sich somit mittlerweile selber mit gutem Grund in eine imaginaere "Parade of
Winners" einer neuen Aera einreihen.

 

Author: Michael Eidenbenz 

Edition: Musik & Theater  

Date: 01.05.2003